Hallo, mein Name ist Chris. Ich bin 43 Jahre alt und lebe zur Zeit mit meinem Hund Clooney in Schleswig-Holstein. Geboren bin ich in Kappeln an der Schlei.
Da ich beruflich sehr viel reise, stellte ich mir Ende 2018 nicht nur aus beruflicher Sicht die Frage: Wieso komme ich eigentlich permanent wieder nach Hause (und wo ist das überhaupt?), wenn ich doch eh gleich wieder losfahre?
Wenn wir reisen, reisen wir zu zweit, also Clooney und ich. Neben meinem schönen Job, durch den ich reisen darf, liebe ich die Ruhe, das „Allein-gemeinsam sein“, Spaziergänge an Stellen, an denen man niemanden trifft, einfach so sein kann wie man ist, seinen Gedanken nachhängen, die Natur genießen. Als Camper Nomaden habe ich mich bis heute gar nicht wirklich gesehen, bzw. tue es vielleicht immer noch nicht. Oder doch? Also von Anfang an:
Die Schule, das Auto und ich
Nach meiner Geburt in Kappeln bin ich in Oldenburg aufgewachsen. Eine Stadt, die ich bis heute sehr liebe. Als ich 9 war, zogen wir, meine Eltern, meine beiden Brüder und ich, nach Mannheim. Hier verbrachte ich meine Schulzeit und habe bis heute meine engsten Freunde hier.
Nach meiner Schulzeit sah ich, wie alle wie die Wahnsinnigen an die Uni rannten und Dinge studierten, von denen sie damals schon wussten, dass sie damit nicht glücklich werden würden. Sie taten dies, um etwas zu tun, etwas „in der Hand zu haben.“ Was tat ich? … Nichts. Wieso tat ich das? Ich wusste nicht, was ich machen/werden wollte. Somit machte es für mich keinen Sinn, einfach irgendwas zu machen, was mir schon während des Tuns keinen Spaß macht. Ganz zu schweigen davon, mit dieser Tätigkeit den Großteil meines Tages und Lebens zu verbringen. Mir war schon immer wichtig, das zu machen, was mir Spaß macht und wofür ich brenne. Wenn ich damit dann auch noch gut Geld verdiene, wäre das super. Geld stand aber nie an erster Stelle. Also machte ich nichts und währenddessen überlegte ich, was ich denn wirklich gerne tat. Eines, was ich schon immer wollte, war Autofahren. Ein Auto war und ist für mich bis heute die ultimative Form der Freiheit. Wichtiger für mich als jede Wohnung war schon immer ein Auto. Wenn ich kein Auto hatte, fühlte ich mich wie gefesselt. Die Umzugskartons in meinen Wohnungen waren teilweise bis zum Auszug nicht ausgepackt, der Tank beim Auto allerdings war immer voll. Bewegung war mein Leben. Mein erster Beruf, an dem ich wirklich Freude fand, war der Job des Taxifahrers. Zwei Dinge wurden hier (meist) auf schöne Weise miteinander verbunden: Das Autofahren und der Kontakt zu Menschen. Perfekt. So fuhr ich die Menschen jahrelang durch die nächtlichen Straßen Mannheims. Ich habe so tolle Geschichten erlebt in diesen Jahren. Mal lustig, mal traurig, mal aufregend, mal gefährlich. Einfach super. Besser als jede Uni der Welt.
Wenn du dein Herz im Taxi triffst
Meine zweite große Liebe waren Hunde. Nach unserem ersten Familienhund hatte ich mit 13 meinen ersten eigenen Hund, der mich lange begleitete. Eines Nachts, an irgendeinem Taxistand in Mannheim, merkte ich, ich vermisse meinen Hund. Dieses Gefühl hatte ich zwar häufiger, aber diesmal war es anders. Diesmal kam dieses Gefühl mit noch mehr Power und irgendwie mit einer Forderung um die Ecke. Ich merkte, dass mein Herz mir etwas sagen will. Also hörte ich ihm zu. In unserem Gespräch wurde mir klar, dass ich wieder mit einem Hund Leben möchte. Aber eben nicht „nur“, um mit ihm dreimal am Tag um den Block zu laufen und abends auf dem Sofa zu kuscheln. Nein, ich wollte mehr. Ich wollte mit ihm gemeinsam arbeiten, ich wollte das Verhalten dieser Tiere verstehen.
An diesem Morgen um 6 Uhr zum Schichtende schloss ich mein Taxi ab und folgte diesem Ruf. 2003 schrieb ich mich im ersten Jahrgang einer der heute renommiertesten Ausbildungsstätten in Deutschland für angehende Verhaltensberater und Hundetrainer ein. Ich wurde Verhaltensberater für Mensch-Hund-Beziehungen und spezialisierte mich über die Jahre im Bereich Aggressionsverhalten. Ich weiß noch wie ich mich sagen höre: Wenn ich da JEMALS eine Jobangebot bekomme, habe ich es geschafft.
5 Jahre später, nach Abschluss meiner Ausbildung, wurde ich direkt als Trainer und Dozent in das Team übernommen. Mein erster großer Traum war in Erfüllung gegangen.
Die nächsten 5 Jahre arbeite ich als Trainer und Dozent und baute nebenher mein eigenes Unternehmen auf. Hier widmete ich mich der Ausbildung von Personensuchhunden, sogenannten Mantrailern. Nach 5 Jahren war mein eigenes Unternehmen so groß, dass ich davon leben konnte. Ich verließ meine Ausbildungsstätte, übernahm aber gleichzeitig eine weitere Dozentenstelle als Spezialist zum Thema Aggressionsverhalten an einer anderen Hundetrainerinstitution. Natürlich arbeitete ich zusätzlich rund um die Uhr in meinem eigenen Unternehmen. Mein Kalender war voll mit Terminen und ich hatte sieben Tage die Woche zu tun. Trainings, Gruppen und Einzelcoachings zum Thema Hund und Hundeverhalten bildeten meinen Alltag. Ein weiter großer Traum war erreicht. Mit dem was ich liebe meinen Tag verbringen und damit auch noch gutes Geld zu verdienen.
Um Schuld geht es niemals
Über die Jahre hatte ich mich zum Spezialisten im Thema Aggressionsverhalten entwickelt. Wenn es mal brenzlig wird in heimischen Gefilden, ruft man mich an. Etliche Workshops gebe ich bis heute in ganz Deutschland zum Thema Mantrailing und Aggression. Aggression ist nichts, worüber man lange sprechen kann. Will man sie in neue Wege lenken, muss sie erlebt werden. Ein hoch emotionales Thema. Dieses mit Hunden zu besprechen, kein Problem. Hunde leben im Hier und Jetzt und sagen dir unverblümt, auf den Punkt und ehrlich, was sie von dir und der Situation halten. Aber der Mensch blieb auf der Strecke. Viele Gedanken, Sorgen, Ängste, Blockaden, die verständlicherweise vorhanden, aber für den Umgang mit Aggression nicht unbedingt förderlich sind. Also begann ich mich mehr mit dem Menschen zu beschäftigen. Ich machte Zusatzausbildungen zum Achtsamkeitstrainer, Mimikresonanzberater und Wingwave Coach. All diese Techniken lasse ich bis heute in mein Coaching einfließen, um Hund und Mensch zu helfen. Denn schuld ist weder das eine noch das andere Ende der Leine, sondern das dazwischen ist der Bereich, in dem es spannend wird. Und um Schuld geht es sowieso NIEMALS.
Nach dem Burnout
Naja, wenn ich ehrlich bin, war der Verlauf der Geschichte absehbar. 2018 bekam ich meine Burnout-Diagnose. Zu viel, zu lang, zu gut gemeint und gemacht. Zu viel erwartet, besonders von mir selbst. Ich nahm die Diagnose mit einem Schmunzeln entgegen, da sie irgendwie nicht unerwartet kam. Sie jedoch anzunehmen, war etwas anderes. Der Achtsamkeitstrainer hat ein Burnout (wieder schmunzelte ich, so dick triefte die Ironie aus diesem Satz). Jetzt konnte ich all die gelernten Techniken bei mir selbst anwenden und sie auf Herz und Nieren prüfen. Und ich war froh sie zu haben. Sie helfen ungemein. Denn mir war klar: Jetzt ändere was, sonst ändert es dich!
Neue Pfade betreten – 2019 wird gereist
Ich liebe meine Arbeit und ich liebe Autofahren, ich liebe es, unterwegs zu sein. Unterwegs war ich sowieso schon seit Jahren. Das, was den Fluss am meisten störte, war das ständige nach Hause kommen. Oder die selbstgemachte Vision eines Zuhauses. Da sein müssen. Der Kunde wartet. Ich muss noch dies, ich muss noch jenes. Müssen bestimmte den Alltag. Ich wusste, ich musste diesen Pfad verlassen und einen neuen betreten.
Also schrieb ich Ende 2018 meinen Kunden: „Ihr braucht nicht mehr zu mir fahren, ich komme zu euch“. Und zwischendrin reise ich, genieße die Gegend, in der ich bin, mache Spaziergänge mit Clooney, lerne wieder bei mir zu sein, Pausen zu machen und das zu sehen, was ist. Denn während ich durch die Lande hetzte, verpasste ich das Wichtigste, das Leben. Meine Freunde, meine Familie, meine zauberhaften Nichten, deren Geburtstage und Einschulung ich verpasst habe, weil ich arbeiten musste. Das muss sich ändern. Wenn nicht für solche Momente, wozu ist man sonst auf diesem Planeten? So werde ich 2019 beginnen, zuerst durch Deutschland zu reisen, ein wenig zu arbeiten und mich viel treiben lassen. Nach Deutschland geht’s weiter und wer weiß, was da so alles passiert.
Die drei Siebe
Zum Schluss möchte ich noch eine kleine Geschichte erzählen. Sie drückt für mich all das aus, was ich mitgeben möchte in Bezug auf ein bewusstes, klares, minimalistisches und fokussiertes Leben. Denn um was geht es wirklich?
Eines Tages kam Einer zu Sokrates und war voller Aufregung.
„He, Sokrates, hast du das gehört, was dein Freund getan hat? Das muss ich dir gleich erzählen.“
„Moment mal“, unterbrach ihn der Weise. „hast du das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe gesiebt?“
„Drei Siebe?“ fragte der Andere voller Verwunderung.
„Ja, mein Lieber, drei Siebe. Lass sehen, ob das, was du mir zu sagen hast, durch die drei Siebe hindurchgeht.
Das erste Sieb ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?“
„Nein, ich hörte es irgendwo und . . .“
„So, so! Aber sicher hast du es mit dem zweiten Sieb geprüft. Es ist das Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen willst – wenn es schon nicht als wahr erwiesen ist -, so doch wenigstens gut?“
Zögernd sagte der andere: „Nein, das nicht, im Gegenteil …“
„Aha!“ unterbrach Sokrates. „So lass uns auch das dritte Sieb noch anwenden und lass uns fragen, ob es notwendig ist, mir das zu erzählen, was dich erregt?“
„Notwendig nun gerade nicht …“
„Also“, lächelte der Weise, „wenn das, was du mir das erzählen willst, weder erwiesenermaßen wahr, noch gut, noch notwendig ist, so lass es begraben sein und belaste dich und mich nicht damit!“
Hier kannst du mich erreichen
Homepage: MTU Club
Facebook: Chris B. Boysen | Mantrailing-Unit
Instagram: leavingthetrail | mantrailingunit
Namasté
Chris
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10 Antworten
Guten Morgen, Chris. So schön erzählt, Deine Geschichte. Freue mich, wenn wir uns auf der Road begegnen.
Hi Chris, danke für deine offene Vorstellung hier. Das zeigt wieder einmal, wie vielfältig wir CamperNomads sind.
Ich komme ursprünglich aus dem Badnerland und habe bis Mai 2018 21 Jahre bei Husum gelebt – wunderschönes Schleswig-Holstein :-).
Wünsche dir für deinen Start in diesen wundervollen Lebensabschnitt. Alles Gute. See you ‚unterwegs‘ – André Anderswo
Danke euch, Kerstin und André, für eure Kommentare.
Hey Chris, kann dich sooo gut verstehen! Mein Auto steht auch immer vollgetankt vor der Tür- mit Küche „to go“, Schlafzimmer „to go“ und Hundefutter für alle Fälle =)
Ich freu mich drauf, dich im Juli zu sehen! Ride on!
Lieber Chris,
Dein Text hat mich serh berührt, bestätigt und mich sehr verbunden gefühlt gemacht! Ich werde Dich ‚online‘ auf jeden Fall weiter auf Deiem Weg begleiten und umso mehr würde ich mich über ein Wiedersehen in der echten Welt hier draußen freuen! Lamasté Silke
Hi Chris 😉 toll geschrieben; freue mich auf unseren ersten Ausflug??
Schöne Geschichte. Wir sind uns auf fehmarn begegnet und ich sagte meinem Mann damals. Schau ein getriebener okay ich hatte Recht. Ich freu mich das du zu dir gefunden hast und dir die Zeit nimmst zu leben. Grüsse Petra
Guten Tag Chris
Zufällig bin ich auf deine spanende Seite geraten.
Lange ist es her, dass ich bei dir und Catriona McNap in Oberammergau den besten all meiner Hundekurse besucht habe: „Kommunikation zwischen Tier und Mensch“. Ich war dort mit meiner super Hündin Matià (Maremmano-BorderMischling), die schnell die Körpersprache lernte, und Befehle ohne Worte verstand. Genau so kommuniziere ich weiterhin mit meiner zweiten, nun jedoch kleinen BolonkaHündin Donna und mit meiner Katze Lux.
Falls du mal in die CH reist, melde dich doch bei mir. Liebe Grüsse Renata
Liebe Renate,
Wie schön von dir zu hören. Wow, das ist nun echt schon lange her. Wie wunderbar, dass wir uns hier wieder hören. Gut erinnere ich mich an dich und Matià. Und ich bin gerührt, dass dich unser Seminar so berührt hat und du bis heute damit arbeitest. Wunderbar. Wenn ich in die Schweiz komme melde ich mich sehr gerne bei dir.
Hab eine gute Zeit.
Chris
Liebe Renata, verzeihe. Da hat das autocorrect deinen Namen mal eben verändert.