Wir hatten Olya und Gerfried zu Gast in unserem Podcast. Zur Vorbereitung auf das Gespräch haben sie einen wirklich ausführlichen Artikel zum Thema „YouTube als Business“ geschrieben, sodass wir uns entschieden haben, diesen als Spezial-Gastartikel auf unserem Blog zu veröffentlichen.
Falls du das nicht alles lesen, sondern dem Gespräch lauschen magst, findest du die Folge natürlich überall, wo es Podcasts gibt und natürlich auf unserer Seite zu dieser Podcastfolge.
An dieser Stelle übergebe ich an Olya und Gerfried und wünsche dir eine gute und hilfreiche Lektüre.
Inhalt
- Wie wir zu YouTube kamen
- Geboren zum YouTuber?
- Wie wir YouTube betreiben
- YouTube: Hobby oder Business?
- Wie funktioniert YouTube als Business?
- Kooperationspartner finden
- Unsere Standbeine
- Blog
- Dienstleistungen
- Kann man von YouTube leben?
- Was muss man als YouTuber lernen?
- Die Herausforderungen auf YouTube
- Hater
- Experten vs. YouTuber
- Fans
- Zeitbedarf und Zeiteinteilung
- Technik
- Kein richtiger Job
- Die Mischung aus Unterhaltung und Information
- Müssen vs. Wollen
- Zeitnah veröffentlichen
- Urlaub vs. Reisen
Wie wir zu YouTube kamen
Eigentlich kamen wir zufällig zu YouTube, und hatten dafür keine großen Pläne.
Anfang 2020 hatten wir unsere gewöhnlichen Jobs gekündigt, und wollten eigentlich ein Jahr lang reisen. Seit 2016 war ich mit womoguide.de Wohnmobil-Blogger, aber ob das zukünftig unser berufliches Standbein sein sollte oder doch etwas völlig anderes, wollten wir 2020 eigentlich erst herausfinden.
Doch dann kam Covid um die Ecke, Reisen gab’s erstmal nicht so richtig, und im ersten Lockdown entstand die Idee, es doch mal mit YouTube zu versuchen, als Erweiterung des Blogs.
Olya war erst total dagegen. Erst, als ich ihr versicherte, dass nur ich vor der Kamera stehen würde, bekam ich die Erlaubnis, unsere Reisen zu dokumentieren. Sie wollte absolut nicht im Bild sein.
Die ersten Videos waren richtig schlecht, aus heutiger Sicht. Wir verwendeten altes Archiv-Material früherer Urlaubsreisen. Dann versuchte ich mich vor der Kamera – ebenfalls aus heutiger Sicht total schlecht, aber egal – unsere Community mochte die Videos, wir bekamen positives Feedback, und so machten wir weiter.
Nach etwa fünf Monaten hatten wir die magische Grenze von 1000 Abonnenten überschritten. Auf YouTube gibt es über 50 Millionen Kanäle, über 40 Millionen davon haben weniger als 1000 Abonnenten. Und da sahen wir, dass wir doch ganz gut unterwegs waren.
Auch Olya taute schön langsam auf, und plötzlich sprach sie – für mich überraschend – unterwegs in die Kamera.
Geboren zum YouTuber?
Viele glauben, YouTuber müssen geborene Entertainer sein. Nun, das schadet sicher nicht. Aber wir könnten davon nicht weiter entfernt sein.
Ich bin ursprünglich Informatiker, war zuerst Softwareentwickler, IT-Projektleiter und dann leitender Angestellter in einem. Anlagenbau-Unternehmen, und Olya war technische Redakteurin. Wir sind also beide eher techniklastig.
Hätte uns jemand vor 5 Jahren gesagt, dass wir YouTube-Videos erstellen würden, hätten wir unser Gegenüber ausgelacht. Wir sind beide eher introvertiert und stehen ungern in der Öffentlichkeit. Und auch wir hatten dieses Bild im Kopf, von den energiegeladenen Personen die auf Youtube gute Laune verbreiten.
Aber was viele nicht wissen: Viele introvertierte Personen tummeln sich auf YouTube. Denn introvertiert bedeutet nicht ängstlich und schüchtern, und eine Kamera ist keine Person, mit der man interagiert. Gerade vor der Kamera kann man sich seine Gedanken gut zurechtlegen und strukturiert abarbeiten. Und so klappte das dann auch für uns viel besser, als wir gedacht hatten.
Eine gewisse Präsentationstechnik und Talent fürs freie Sprechen schadet nicht, aber sonst gibt es eigentlich keine Einschränkungen, wenn man sich auf YouTube versuchen möchte. Denn es gibt auf YouTube ja nicht nur die Entertainment-Kanäle. Auch für nerdige Info-Kanäle gibt es Zielgruppen, und gerade da werden fundierte Infos mehr geschätzt, als eine TV-Präsentier-Persönlichkeit.
Wir versuchen natürlich, vor der Kamera immer besser zu werden. Zu Beginn waren wir sicherlich ein wenig anstrengend. Das ist ein Lernprozess, den sich aber jeder zutrauen kann.
Wie wir YouTube betreiben
Wir versuchen, ein Video jeden Sonntag zu veröffentlichen. Das klingt überschaubar, aber je nach Thema kann ein Video auch mal eine volle Arbeitswoche in Anspruch nehmen.
Zu 80% sind unsere Videos Reiseberichte, zu 20% Ratgeber-Erklär-Informationsvideos zum Thema Wohnmobil, Wohnmobil-Technik usw.
Wir versuchen auch unsere Reiseberichte so anzulegen, dass sie ein wenig Information vermitteln und sich nicht nur zufällige Szenen aneinanderreihen.
Der Zeitbedarf für die Video-Erstellung ist höchst unterschiedlich – gerade Reisevideos sind oft anspruchsvoll, weil man vorher ja nicht weiß, was passieren wird. Daraus dann nachher eine sinnvolle Geschichte zu machen, ist nicht immer einfach, und gelingt uns ehrlich gesagt auch nicht immer so gut, wie wir das gerne hätten. Da sitzt man dann schonmal Stunden, nur um Clips herumzusortieren, bis sich irgendwann ein stimmiges Bild ergibt. Stunden braucht manchmal auch die Auswahl stimmiger Musik.
Erklär-Videos sind im Vergleich dazu oft pure Entspannung – man schreibt vorher ein strukturiertes Skript, arbeitet dann eine Shotlist ab und auch der Schnitt geht dann anhand des Skripts relativ schnell.
Wenn es gut läuft, oder wir einfach Material loswerden müssen, veröffentlichen wir auch manchmal 2x die Woche, sonntags und donnerstags.
YouTube: Hobby oder Business?
Auch, wenn wir für YouTube keine große Strategie hatten – als Hobby war es nie gedacht, sondern eben als Erweiterung des Blogs und damit als geschäftliches Standbein. Wenn Leute YouTube als Hobby abtun sind wir manchmal schon ein wenig sprachlos. Uns zumindest würden ehrlich gesagt andere Hobbies einfallen, als jede Woche Tage mit Videoschnitt zu verbringen, damit unsere ZuseherInnen gut unterhalten und informiert werden. Oft auch direkt am Strand, wo wir tatsächlich auch gute Alternativen zum Verkriechen im Camper mit dem Laptop hätten 😉
Aber das Thema der Wertschätzung ist ein eigenes, zu dem wir später noch kommen. Für uns hatte YouTube aber immer Business-Ziele – auch zu Zeiten, wo wir die falschen Ziele hatten und die Plattform noch gar nicht so richtig verstanden. Initial dachte ich zum Beispiel, mit YouTube könnte ich Traffic für den Blog generieren. Das funktioniert so gut wie gar nicht, von ein paar vereinzelten Klicks abgesehen. Der Medienwechsel klappt nicht, man muss YouTube als eigenständigen Kanal betrachten, mit dem man auch anders arbeiten muss. Das hat schon eine Weile gedauert, das zu lernen.
Wir finden es jedenfalls absolut legitim, YouTube transparent als Business zu betreiben.
Wir versuchen, die bestmöglichen Videos zu erstellen, die wir hinbekommen, und stecken da viel Herzblut hinein. Unsere Community bekommt Informationen zu Reisezielen und zur Wohnmobil-Technik, und werden im Idealfall davon unterhalten. Und im Gegenzug erlauben wir uns, das so aufzuziehen, dass man davon leben kann. Das ist nicht der Widerspruch, als den ihn viele sehen. Es ist heute ja in, gegen Werbung im Allgemeinen zu sein. Aber halt auch kurzsichtig. Wer jetzt nicht gerade Herzchirurg, Krankenschwester oder Altenpfleger ist, sondern für ein gewinnorientiertes Unternehmen arbeitet, der verdankt seinen Job der Werbung. Denn ohne Absatz der Produkte eines Unternehmens kann halt auch der nerdige Techniker im verdunkelten Büro, der Werbung verachtet, nicht überleben. Und das darf ich so provokant formulieren, weil ich ja selbst der nerdige Techniker war, der sich das Thema Marketing und Werbung erst über viele, mühsame Jahre erarbeiten musste.
Und je besser wir von YouTube leben können, desto mehr Aufwand und Herzblut können wir auch hineinstecken. Hätten wir noch 9-5-Jobs, dann wäre ein Video pro Woche wahrscheinlich unmöglich. Weder könnten wir dann oft genug verreisen, noch hätten wir die Zeit, unseren Qualitätsanspruch so zu verfolgen, wie wir das möchten.
Wie funktioniert YouTube als Business?
Wenn man von YouTube als Business spricht, denken 99% an Werbeeinnahmen. Und zwar insbesondere an die durch YouTube ausgespielte Werbung, von denen Content Creators dann einen kleinen Anteil bekommen.
Diese Einnahmen gibt es zwar, aber die primäre Einnahmequelle sind sie aber nur für richtig große Kanäle. Wir könnten davon jedenfalls nicht leben. Bis man die Schwelle von 1000 Abonnenten erreicht, müssen die allermeisten bereits hunderte Arbeitsstunden hineinstecken. Und dann bekommt man am Ende des ersten, monetarisierten Monats ein paar Euro. Das wird mit der Zeit zwar besser, aber um sich auf diese Einkommensquelle alleine zu verlassen müsste man schon sicher sein, in kurzer Zeit sehr groß werden zu können. Für die meisten, wie auch für uns, ist das eine Illusion.
Aber dennoch lohnt es sich, über das Geschäftsmodell YouTube erstmal nachzudenken. YouTube macht das ganze nicht aus Nächstenliebe, und stellt keine enormen Serverfarmen zur Verfügung, damit dann Hobby-Videos geteilt werden können. Für YouTube ist das ganze knallhartes Werbebusiness. Content Creators, als jene, die Videoinhalte erstellen, produzieren – unromantisch formuliert – im Prinzip Werbeflächen. Also praktisch die moderne Version einer Litfasssäule oder Plakatwand.
Die Videos ziehen BesucherInnen an, und während diese dann die Videos ansehen, gibt das YouTube die Gelegenheit, Werbung auszuspielen, und daran zu verdienen.
Aber wenn man sich damit anfreunden kann, solche Werbeflächen zu produzieren, dann muss man es nicht YouTube überlassen, damit zu werben. Es gibt da einige, verschiedene Varianten:
- Gesponserte Videos, wo Unternehmen ein Video bezahlen
- Bezahlte Erwähnungen von Produkten in Videos
- Platzieren von Affiliate-Links zu Produkten, wo man dann eine Provision bekommt
- Verkauf eigener Produkte
Wir hatten so begonnen, dass wir Kooperationen, die wir bereits am Blog hatten, auf YouTube übertrugen. Zu Blogartikeln machten wir also nun zusätzlich auch Videos, und platzierten in der Videobeschreibung Affiliate-Links.
Später kamen dann auch gelegentliche, gesponserte Videos hinzu.
Heute nützen wir auch unsere Reiseberichte, um auf Produkte, die wir gerne benutzen, zu verweisen. Entweder direkt per Affiliate-Link, oder halt auf einen Testbericht, den wir bereits gemacht haben.
Als weiteres Standbein haben wir heuer YouTube Memberships eingeführt, die allerdings nicht wirklich gut angenommen werden. Im deutschsprachigen Sprachraum ist Geldverdienen per se ja immer böse, und als wir Memberships eingeführt hatten, hagelte es einiges an Kritik. Viele verließen den Kanal – anscheinend aus Prinzip, denn für sie hätte sich ja nichts geändert. Wenn man sich das amerikanische Kanäle und ihre tausenden Patreon-Supporter ansieht, kann man da ein wenig neidisch sein – aber vielleicht sind wir dafür auch einfach nicht sympathisch genug, das kann schon sein.
An eigenen Produkten arbeiten wir seit 2016, aber irgendwie haben wir da anscheinend ein wenig Angst davor, fertigzuwerden, und wir sind noch immer nicht am Ziel. Sollte aber nun bald so weit sein. Das erste Produkt wird ein Guide zum Wohnmobil-Kauf sein, um dabei die typsichen Fehler zu vermeiden und den passenden Camper zu finden.
Zusammenfassend:
- Wir generieren auf YouTube primär Einkommen über Affiliate-Links. Entweder, indem wir auf Produkte verweisen, die wir gut finden, oder indem uns ein Hersteller bittet, ein Produkt zu testen, und uns dafür einen Affiliate-Deal anbietet.
- Werbeeinnahmen über YouTube sind ein zusätzliches nice-to-have, aber um davon leben zu können, müssten wir wohl etwa 10x so groß sein
- Ein kleiner Teil erfolgt über Unterstützer (wie unsere Memberships, aber auch über Steady oder manchmal direkte Überweisungen, weil einigen Fans diese Plattformen nicht sympathisch sind)
- Ebenfalls ein kleiner Teil sind Auftragsarbeiten wie bezahlte Produkttests.
- Unsere eigenen Produkte sollten in Kürze starten
Wichtig sind für uns dabei drei Dinge:
- Erstens eine hohe Qualität. Oft fragen Unternehmen bei uns an, ob wir’s nicht auch günstig machen könnten, und dafür weniger Aufwand hineinstecken. Aber solche 0815-Videos können wir nicht leiden, und wir wollen sie nicht produzieren. Wenn wir z.B. ein Produkt vorstellen, dann wollen wir die Zeit haben, dieses Produkt auch wirklich kennenzulernen und dann ehrlich darüber berichten zu können.
- Zweitens: Ehrlichkeit und Transparenz. Die Kennzeichnung von Werbung als solche ist für uns selbstverständlich, und wir erwähnen auch immer genau, wofür wir bezahlt werden und woran wir verdienen können. Andere mögen das nicht so genau sehen und vielleicht bleibt dabei manche Werbung unerkannt, aber langfristig schadet das sicherlich dem Vertrauen einem Kanal gegenüber.
- Drittens: Wir suchen sehr genau aus, mit wem wir kooperieren. Wenn wir bei einem Produkt kein gutes Gefühl haben, dann lassen wir’s lieber bleiben. Auch hier gilt wieder: Das Vertrauen, das unsere ZuseherInnen in uns haben ist unser Kapital. Und das kann man schnell beschädigen.
Kooperationspartner finden
Sobald man eine gewisse Größe erreicht hat, trudeln täglich mehrere Kooperationsanfragen ein. Die meisten davon kommen direkt in die Rundablage, weil sie sich nicht mal eine Antwort verdienen. (Falsche Anrede, unseriöses Unternehmen ohne Impressum o. Ä.)
Der kleine Rest, wo es sich lohnt, genauer hinzusehen, besteht dann wieder zu 90% aus Unternehmen, die gerne kostenlose Werbung hätten. Maximal ein Produkt soll man meist bekommen, aber was sollen wir damit anfangen? Im Supermarkt gibt’s leider keinen Tauschhandel, und auch wenn wir ein Produkt manchmal sinnvoll für unsere Community finden, wir selbst brauchen diese Produkte oft nicht. Und da reden wir noch gar nicht davon, dass man nicht 40 Stunden Arbeit in ein Video investieren kann, um ein Produkt im Wert von €100 zu erhalten.
Meist wird also nichts daraus, aber gelegentlich ist bei den Anfragen dann ein seriöser Partner dabei. Und manchmal entwickelt sich dann auch eine jahrelange Zusammenarbeit, die auf gegenseitiger Wertschätzung basiert.
Seit wir die 5000 Abonnenten überschritten haben, sind wir auch selbstbewusst genug, um selbst Unternehmen anzuschreiben, wenn wir deren Produkte interessant finden. Auch hier wird meist nichts daraus. “Passt nicht zu unserem Marketingkonzept” ist immer noch meine Lieblingsantwort eines Unternehmens, das praktisch 1:1 unsere Zielgruppe hat, aber weiterhin lieber traditionell einmal im Jahr einen Messestand aufbaut.
Ab und zu ergibt sich aber auch auf diesem Wege eine Zusammenarbeit.
Unsere Standbeine
YouTube entstand wie schon erwähnt als eine Erweiterung zu Blog, und dementsprechend ist es nicht unser einziges, wirtschaftliches Standbein.
Blog
Wie schon erwähnt gibt es den womoguide.de-Blog seit 2016. Die Idee war damals eigentlich, das Manuskript eines Wohnmobil-Guides als Blogartikel zu veröffentlichen, sie so durch Community-Feedback zu verbessern und dann – sollte das Buch mal fertig sein – auch gleich die passende Vertriebsplattform zu haben. 6 Jahre später hat die Webseite ein Eigenleben mit 100.000 Besuchern monatlich entwickelt, während das ursprüngliche Projekt, der Wohnmobil-Guide noch immer nicht ganz fertig ist.
Dienstleistungen
Ich betreue einige Kleinunternehmen im Bereich Online-Marketing, also Webseiten, Ads und so weiter.
Noch als Angestellter machte ich nebenberuflich eine Fotografie-Ausbildung und begann dann auch als Business-Fotograf zu arbeiten. Dank YouTube landete ich später auch im Bereich Video, und machte z. B. Werbefilme für Unternehmen.
Eine Weile war ich auch als Autor für andere Webseiten tätig.
All das fahren wir derzeit immer mehr zurück, weil es erstens schwierig ist, Kunden zu finden, wenn man nicht vor Ort ist. Und hat man sie gefunden, dann ist es schwierig zu vermitteln, dass sie sich einen Termin Oktober oder im März aussuchen können, wenn wir mal zuhause sind. Und zweitens entspricht uns die Arbeit über Blog und YouTube einfach mehr. Jetzt nichts gegen die Arbeit mit Kunden, aber die völlig freie Zeiteinteilung die wir mit YouTube und Blog haben ist fürs Reisen halt einfach ideal. Das geht nicht, wenn ein Kunde auf den Projektabschluss wartet, oder “nur mal kurz aber dringend” was braucht – was irgendwie immer dann der Fall war, wenn wir uns gerade 2 Tage an einem schönen Ort freinehmen wollten.
Kann man von YouTube leben?
Die große Frage: Kann man davon leben? Und wie groß muss ein Kanal denn sein, um davon leben zu können?
Darauf gibt es leider keine einfachen Antworten, da diese von sehr vielen Faktoren abhängen. Was man sagen kann ist, dass man mit 1 Million Abonnenten ziemlich sicher gut leben kann. Nur werden diese Zahl nur die wenigsten jemals erreichen.
Als kleiner Kanal gibt es unzählige Einflussfaktoren.
Ohne jetzt mit Details zu langweilen: Beispielsweise werden die Werbeausspielungen von YouTube ja als Auktion gehandhabt. Ist ein Video bzw. ein Thema/eine Branche beliebt und buhlen viele Unternehmen um diese Werbeplätze, dann steigt dafür der Preis, und dementsprechend das Einkommen des Content Creators. Das lässt sich aber kaum planen und ist ständigen Veränderungen unterworfen.
Ein von mir sehr geschätzter YouTuber aus Deutschland mit etwa 300.000 Abonnenten sagt immer wieder, er könnte von YouTube alleine nicht leben. Er ist im Photographie-Bereich tätig, und da mag das so stimmen, wenn man nur die Werbeeinnahmen betrachtet. Wenn man aber sein Business gesamtheitlich betrachtet, dann ist YouTube sein primärer Vertriebskanal für seine weiteren Tätigkeiten, mit denen er sehr erfolgreich ist. Also lebt er ja doch irgendwie von YouTube. Aber eben nicht direkt.
Die Branche und Zielgruppe ist ein großer Einflussfaktor. Das Thema des Kanals: Wie sehr eignet es sich, um Produkte zu bewerben? Ein oft gebrachtes Beispiel ist jenes eines sehr erfolgreichen Witz-Kanals mit vielen tausend Abonnenten. Aber wer besucht einen Witz-Kanal, um irgendetwas zu kaufen? Wer vertraut einem Witzeerzähler, um seinen Empfehlungen zu folgen?
Wir haben aktuell etwa 13.000 Abonnenten. Ein paar Hater mögen darunter sein, aber großteils schätzt unsere Community unsere direkte Art und ehrliche Berichterstattung, und durch das Vertrauen, das wir uns damit erarbeitet haben, folgen viele auch unseren Produktempfehlungen. Wären wir immer ausschließlich positiv, dann hätten wir heute vielleicht mehr Abonnenten, aber diese hätten vielleicht weniger Vertrauen zu uns.
Von YouTube alleine könnten wir noch nicht leben, wir befinden uns in einer Aufbauphase. Aber mit dem Blog und unseren weiteren Standbeinen gemeinsam ist YouTube zumindest eine relevante Einkommensquelle, in die wir viel Zeit und Aufwand stecken, damit sie zukünftig noch einen größeren Stellenwert bekommt.
Was muss man als YouTuber lernen?
- Storytelling – unterhaltsame Videos machen
- Schnitt
- Tontechnik
- Kameratechnik (relativ unwichtig)
- SEO und Marketing
- Thumbnails/Grafikdesign
- Psychologie/Titel
Die Herausforderungen auf YouTube
YouTube ist natürlich nicht nur toll, sondern es gibt auch einige Herausforderungen.
Hater
Die größte Herausforderung für mich waren in der ersten Zeit die Hater. Da konsumieren Leute kostenlos den Content, in den du Tage deines Lebens gesteckt hast, nur, um dich darauf hin dann zu beschimpfen und deine Arbeit schlechtzureden.
Gründe fürs Haten gibt’s ja viele:
- Du hast es gewagt, Kritik an irgendwas zu äußern. Kritik ist immer ein Reizthema, viele Leute identifizieren sich sehr mit ihren Produkten oder Destinationen und fühlen sich dann angegriffen
- Du hast ein anderes Produkt gelobt, als der Hater gekauft hat
- Du hast bei der Wortwahl nicht peinlichst genau aufgepasst, und Begriffe wie “Touristenhorden”, “Neucamper” o. Ä. verwendet
- Du hast einen anderen Reisestil als dein Gegenüber, und das geht natürlich gar nicht. Jetzt buche doch wie ein ordentlicher Tourist brav deinen Campingplatz ein Jahr im Voraus, sonst musst du auch kein Video darüber machen!
- Manchmal hast du’s einfach mit Trollen zu tun, die dich absichtlich missverstehen, um dann stänkern zu können
- Teilweise gönnen einem Leute auch einfach nichts. Da gibt’s welche, die schauen sich 50 Reisevideos mit Begeisterung an, aber sobald sie über den ersten Produkttest stolpern, stornieren sie sofort ihr Abo und hinterlassen einen bösen Kommentar, weil Produkte und Werbung ist ja böse.
Mittlerweile gehen wir damit zielgerichteter um. Wenn wir schon im ersten Kommentar erkennen, dass es um Stänkerei geht, dann wird der Kommentar gelöscht und fertig. Wir haben nichts davon, uns da in endlosen Diskussionen zu verlieren, die zu nichts führen, und wir möchten auf unserem Kommentar einen wertschätzenden Umgang miteinander.
Experten vs. YouTuber
Auf YouTube sind prinzipiell alle Experten – nur der YouTuber nicht, denn der ist ja nur Youtuber.
Fans
Auch die Fans darf man nicht unterschätzen, was den Zeitbedarf angeht. Die Interaktion mit Kommentaren ist natürlich Pflicht, oft bekommen wir aber auch sehr liebe, lange E-Mails, die wir natürlich auch beantworten wollen. Aber immer schaffen wir’s nicht. Wenn wir auf reisen mal 2 Tage offline sind, dann kann’s sein, dass wir hinterher beim Aufarbeiten irgendwas übersehen. Das kann schon für Verstimmung sorgen, denn ein Fan hat aus seiner Sicht irgendwie einen Persönlichen Bezug zu uns, wir haben aber 13.000 davon.
Zeitbedarf und Zeiteinteilung
Eine Herausforderung ist der Zeitbedarf und die Zeiteinteilung. Das beginnt beim Filmen und beim Schnitt. Perfekt ist es nie, immer könnte man irgendwas verbessern. Hier muss man unbedingt lernen, “gut genug” zu erkennen, denn sonst veröffentlicht man nie etwas, und hat auch keine Freizeit mehr, weil man nur am Laptop hängt.
Die Zeiteinteilung ist manchmal auch ein partnerschaftliches Problem. Ich verliere mich da auch mal einen Tag, um ein Video fertigzubekommen, und Olya wollte eigentlich einen schönen Abend im Restaurant verbringen. Da braucht’s unbedingt saubere Kommunikation.
Wo Kommunikation nicht unbedingt reicht, ist, wenn’s um Freunde und Familie geht. Für Leute mit einem “normalen” Berufsleben ist das, was wir machen, einigermaßen undurchschaubar, auch, wenn sie sich bemühen. Und da ist es für die Familie dann manchmal schwierig, wenn ich gestresst gleich wieder vom gemeinsamen Mittagessen am Sonntag weg muss, weil ich halt ein Video fertigbekommen und uploaden muss, während alle anderen halt frei haben.
Aber auch an Urlaubsdestinationen verstehen die Nachbarn oft nicht, dass wir halt nicht Urlaub machen, sondern auch arbeiten müssen.
Technik
Für YouTube-Videos braucht’s eine Menge Technik, die kostet nicht nur viel Geld, sondern es dauert auch eine ganze Weile bis man das Equipment findet, das für einen selbst funktioniert. Wir haben da mehrfach Equipment getauscht, nun ist es aber (bis auf das gelegentliche Upgrade) stabil.
Kein richtiger Job
YouTube wird von vielen als Hobby gesehen. “Das ist doch kein echter Job“ oder „Videos machen kann ja jeder“. Letzteres stimmt zwar, aber erfolgreiche Videos auf YouTube sind nochmal ein anderes Thema.
Die Fülle an Skills, die man sich dafür erarbeiten muss, sieht von außen ja niemand.
Von den Stunden an Arbeit sprechen wir auch mal lieber nicht.
Kommentare in diese Richtung können schon frustrieren, weil die Wertschätzung halt fehlt.
Die Mischung aus Unterhaltung und Information
Es ist nicht immer einfach, die richtige Mischung aus Unterhaltung und Information zu finden. Erzählt man zu viel über ein Reiseziel, hat man gleich mal fünf Minuten Talkinghead, und ZuseherInnen schalten aus Langeweile weg. Erzählt man zu wenig, bekommt man Kommentare, dass man sich wohl nicht gut informiert hätte.
Müssen vs. Wollen
Wir haben manchmal kleine Konflikte, weil wir die Prioritäten anders setzen. Ich sehe es als meinen Job, quasi immer zu filmen, auch, wenn ich gerade keinen Kopf dafür habe. Olya stellt sich nur in der richtigen Laune vor die Kamera. Sie nimmt auch Deadlines weniger ernst als ich. Das erfordert dann manchmal Kompromisse.
Zeitnah veröffentlichen
Wir haben bemerkt, dass YouTube-ZuseherInnen erwarten, auf Reisen live dabei zu sein.
Aber das ist nicht möglich. Manchmal passiert so viel, dass aus einem Reisetag ein ganzes Video wird. Danach braucht es aber mindestens noch einen Tag für den Schnitt. Und wenn man nur ein Mal pro Woche veröffentlicht, ist man mit Fortdauer der Reise immer weiter hinterher. Dafür gibt es Kritik, und viele finden die Videos dann auch uninteressant.
Es gibt YouTuber, die täglich veröffentlichen. Da muss sich notwendiger Weise aber auch der Stil anpassen. Ein sehr aufwändiger Schnitt ist dann nicht möglich weil einfach zu zeitintensiv. Alleine das Zusammenkopieren der Videodateien von verschiedenen Kameras dauert manchmal eine halbe Stunde. Auch da müsste man also Abstriche machen.
Vielleicht versuchen wir das in Zukunft mal. Grundsätzlich haben wir aber gerne mehr Zeit für die Videos und so müssen unsere ZuseherInnen damit leben, dass wir ein wenig hinterher sind.
Urlaub vs. Reisen
„Wir wünschen euch einen schönen Urlaub“ hören wir oft, können mittlerweile aber schon darüber lachen. Dass unsere Reisen eben auch Arbeit sind, ist anscheinend kaum zu vermitteln.
An dieser Stelle nochmals einen riesig großen Dank an Olya und Gerfried für diesen sehr ausführlichen Artikel zum Thema „YouTube als Business“.
Verfolge ihre Arbeit und ihre Reisen doch einfach weiterhin auf Instagram und/oder YouTube. Oder stöbere mal auf ihrer Website.
Und? Hast du Lust bekommen, auch diesen Weg zu gehen? Oder verdienst du bereits mit YouTube Geld? Dann freuen wir uns, wenn du deine Erfahrungen mit uns teilst. Nutze dafür gern die Kommentarfunktion. Und vielleicht laden wir dich auch mal zu einem Gespräch in unseren Podcast ein.
Tausche dich gern auch in unserer Online-Community weiter dazu aus. Regelmäßig finden zu diesem und vielen anderen Themen rund ums Leben und Arbeiten im Camper Talks statt. Aber auch in unserem „Klönschnack“ jeden Sonntagabend reden wir immer gern über Internet, Jobs, Strom & Co.
Eine Antwort